Kalenderblätter für das Jahr 2009

00I - Gastwirtschaft Wirtz 01(E-Wirtz)
Bildquelle: E. Wirtz

Kalender 2009 – Deckblatt

Gastwirtschaft Wirtz

Zu erraten war der Name der Frau, die aus dem Fenster im Obergeschoß schaut.

01a - Bahndamm 2
Bildquelle: Dorfgemeinschaft Hülchrath / Text Dr. Chr. Wiltsch

Kalender 2009 – Januar

Arbeiter beim Bau des Bahndammes

Schon im 19. Jahrhundert entstand bei den Bauern „auf der Gilbach“ der Wunsch, eine Eisenbahnverbindung zum Marktplatz Neuss zu haben. Die Kreise Neuss und Grevenbroich bildeten sogar eine Gillbach-Bahn-Gesellschaft. Aber es mangelte an Vielem, vor allem am Geld. Als 1912 die Arbeiten zu der Bahnlinie Neuss-Rommerskirchen starteten, hatte man sich entschlossen, die Bahn bei Holzheim an die vorhandenen Gleise anzuschließen, und nicht bei Norf, wie ursprünglich geplant. Dadurch wurden die beiden Dörfer Neukirchen und Hülchrath durch den Damm voneinander getrennt. Wegen des 1. Weltkrieges wurden die Arbeiten eingestellt. Der Vertrag von Versailles erlaubte den Ausbau der Bahnstrecke nur als eingleisige Linie. Diese Arbeiten wurde dann 1924 fortgeführt, aus dem das vorliegende Foto stammt. Mit den Arbeiten wurden Arbeitslose beschäftigt, die einheimische Bevölkerung profitierte nur dadurch vom Bau, indem sie Quartiere für die Arbeiter zur Verfügung stellen durfte. Aber im November 1924 musste das Projekt wegen der Inflation endgültig eingestellt werden. Einzelne Arbeiter sind nicht zurück in ihre Heimat gezogen, sondern es hat ihnen in der Gemeinde so gut gefallen, dass sie sogar bei ihren Hauswirten eingeheiratet haben. Erkennt jemand einen Vorfahren?

Bildquelle: Fotoarchiv Kruppa / Text Dr. Chr. Wiltsch
Bildquelle: Fotoarchiv Kruppa / Text Dr. Chr. Wiltsch

Kalender 2009 – Februar

Eppinghover Mühle

Die Grenze der alten Gemeinde Neukirchen wurde durch die Erft gebildet. In früherer Zeit führte der Weg nach Neuss durch die „Hemsfurt“ bei Erprath. Als um 1845 eine feste Landstraße von Neuss nach Bergheim gebaut wurde, für die man Wegegeld zu zahlen hatte, entschied man sich, die Straße über Eppinghoven zu bauen. Das hatte zwei Gründe: Der Müller von Eppinghoven, Kamper, dessen großzügige Mühle wir auf dem Bild sehen, wollte über diese Straße besser seine Waren nach Neuss absetzen können. Außerdem finanzierte er einen Teil des Abschnittes zwischen der Erft und Speck und ließ die Brücke über die Erft an seiner Mühle auf eigene Rechnung errichten, wodurch seine Mühle auch für die Bauern aus dem Raum Neukirchen bequem erreichbar wurde. Ausserdem war man der Meinung, dass das Erfthochwasser bei Erprath gefährlicher sei, als bei Eppinghoven. Eine trügerische Meinung, denn gut 30 Jahre nach Errichtung der Brücke wurde sie zusammen mit allen anderen Brücken zwischen Grevenbroich und Grimlinghausen durch ein Hochwasser fortgerissen.

03-Abbruch (M. Schmitz)
Bildquelle: M. Schmitz / Text Dr. Chr. Wiltsch

Kalender 2009 – März

Haus Kluth 26. Mai 1943

Das Bild zeigt keinen Abbruch, sondern das Haus Kluth am Jakobusplatz am Tag nach einem Bombenvolltreffer am 26. Mai 1943.

Immer wieder brachten Kriege fürchterliches Leid in unsere Heimat. Die erste Erwähnung des Rheinlandes in Caesars gallischem Krieg berichtet von einem Völkermord, den Caesar an den einheimischen Eburonen verüben ließ. Aus dem Jahre 1610 wissen wir, dass Soldaten in Neukirchen „Plündern“ übten, um dabei nicht nur wirklich zu plündern, sondern auch zu töten und andere Gewalt zu verüben. Die Schützenbrüder unserer Bruderschaft „St. Sebastianus Hülchrath-Neukirchen“ haben erfolgreich versucht, die Soldaten zu vertreiben, wobei es auf beiden Seiten Tote gab.

Eine ganz neue Erfahrung war dann der Luftkrieg, den der zweite Weltkrieg mit sich brachte. Schon bald ging man dazu über, die Keller „luftsicher“ auszubauen, selbständige Bunker für den Zivilschutz zu errichten oder gar Stollen. Am Ende des Krieges waren 19 Häuser und unzählige Nebengebäude und Scheunen zerstört, die Kirche schwer beschädigt. Neben gefallenen Soldaten gab es auch zwei zivile Opfer bei dem Angriff vom 26.5.43, der das Dorfzentrum schwer getroffen hat.

04-Verantwortliche Damen für den Fronleichnamsaltar (Antonia Hinzen)
Bildquelle: Antonia Hinzen / Text Dr. Chr. Wiltsch

Kalender 2009 – April

Die verantwortlichen Damen für die Gestaltung des Fronleichnamaltarsw vor der alten Schule (1949 oder 1950)

Das Fronleichnamsfest der Katholiken erscheint vielen heute als ein recht merkwürdiges Fest. Der altgermanische Name tut sein übriges und wird manchmal als „Happy Kadaver“ verunglimpft. Dabei ist Fron das Wort, von dem sich Frau als weibliche Form ableitet und bedeutet soviel wie Herrscher. Leichnam hat ursprünglich die gleiche Bedeutung wie Leib. Dieses Fest, bei uns ursprünglich unter dem Namen Gottestracht bekannt, ist in Köln „erfunden“ worden und seit dem 13. Jahrhundert bekannt. Um Schutz für die Häuser des Dorfes und die Feldfluren zu erbitten, wurde das Abendmahlsbrot, der „Leib des Herrn“, feierlich durch das Dorf und die Felder getragen, man ging dabei früher sogar in alle zur Pfarrei gehörenden Dörfer und auch nach Hülchrath. Auf diesem langen Weg benötigte man „Pausen“. Diese wurden an eigens errichteten Altären gehalten, wo dann das Schaugefäß, die sogenannte Monstranz, ihren Ehrenplatz bekam und die Gemeinde eine betende Rast auf den Knien einlegen konnte.

Das Bild zeigt:

Frau Sprenger, genannt Paulusse Gret; Josefine Adolfs, genannt Adolfs Fin; Gertrud Heibel; Anna Rütten, genannt Mülhöfich Anna; Marianne Ferfers; Margarete Bordelius, genannt Bahndammer Gret; Gertrud Zillekens, genannt Zillekens Troth; Katharina Offer, genannt Öffisch Käth

05-Schützenfest Jakobusplatz etwa 1925(Surlemont)
Bildquelle: R. Surlemont / Text Dr. Chr. Wiltsch

Kalender 2009 – Mai

Schützenfestzug am Jakobusplatz etwa 1925

Einige Ereignisse bildeten jedes Jahr den Höhepunkt im gesellschaftlichen Leben in Neukirchen. Neben der Kirmes Anfang September war das schon immer das Schützenfest, das seit 1860 nach der Gründung eines eigenen Schützenvereins dann ausschließlich im Ort gefeiert werden konnte. Die Festparade war dabei stets in der Nähe der Kirche, weil sich auch der Bürgerschützenverein den christlichen Werten „Glaube-Sitte-Heimat“ verpflichtet sah. Wer nicht mit im Festzug marschierte, der versäumte es nicht, als Zuschauer an der Parade teilzunehmen. So war dann das gesamte Dorf zum Fest in froher Erwartung versammelt.

Bei dieser historischen Aufnahme ist zu erkennen, dass die „Offiziere“ hoch zu Ross am Zug teilnahmen, wobei in alter militärischer Tradition die Kommandos auch mittels Blasmusik signalisiert wurden, wie man am mitgeführten Instrument des rechten Reiters erkennen kann.

06-Herzogstr (DG Hülchrath)
Bildquelle: Dorfgemeinschaft Hülchrath / Text Dr. Chr. Wiltsch

Kalender 2009 – Juni

Zur Traube in Hülchrath

Hülchrath hatte „schon immer“ zwei bedeutende Gasthöfe, die aus einer alten Brauerei und der Poststation sich entwickelt haben. Die Namen der Gasthöfe waren manchmal alt tradiert, jedoch im 19. Jahrhundert wurden die Hülchrather Gasthöfe nach den Wirten bezeichnet: man ging „nach Rixen“ oder „nach Stübben“. Wenn man in der Festgesellschaft auf diesem Bild fragen würde, in welchem Gasthof man sich befindet, so würde die Antwort lauten „bei Schönen“, und nicht „Zur Traube“

07a-Broichstr
Bildquelle: Dorfgemeinschaft Hülchrath / Text Sandkaul/Quack

Kalender 2009 – Juli

Eismann

Das Bild zeigt … Raimund Dohmen in Hülchrath auf der Broichstr. vor dem Lebensmittelladen Tschannen. Er ist in Hülchrath aufgewachsen und später nach Wehl umgezogen, wo er ein Lebensmittelgeschäft führte. Auch in Neukirchen war er gut bekannt, da er mit seinem Dreirad Goliath mit Ladenaufbau seine Waren auch in den umliegenden Ortschaften verkaufte.

08-Reginenh Gubisr Dampf Dreschen (1907) (Fam Krebs-Effertz)
Bildquelle: Fam. Krebes-Effertz / Text Dr. Chr. Wiltsch

Kalender 2009 – August

Dampf-Dreschmaschine auf dem Reginenhof in Gubisrath (1907)

Mit dem 20. Jahrhundert nahm allmählich die Technik Einzug in das Leben auf dem Land. Den Anfang machte um 1870 die Sämaschine, gefolgt um 1900 von den ersten Dampfdreschmaschinen. Während man sich von der Sämaschine eine bessere und damit ertragreichere Saat erhoffte, diente die Dreschmaschine dazu, eine der schweißtreibendsten Tätigkeiten, nämlich das Dreschen, zu erleichtern. Schon bald kamen Mäh- und Bindemaschinen dazu, so dass fast alle Handarbeit der Ernte, die damals „Beu“ (von Beute) genannt wurde, ersetzt werden konnte. Dadurch wurden viele Landarbeiter arbeitslos und wanderten dann erwartungsvoll in die Industriestädte.

Die Verpflegung der Erntehelfer war schon immer sehr wichtig. So erkennen wir Michkannen und Brotkörbe, wie sie in der Zeit vom 1. Mai bis 24.8. (Bartholomäustag) auf das Feld gebracht wurden, aber auch große Krüge, die in den alten Erzählungen immer wieder vorkommen und reichlich mit Bier gefüllt sein mussten, wollte der Bauer keinen Ärger mit seinen Leuten bekommen.

Der Reginenhof in Gubisrath ging früh mit der Zeit und besaß bereits eine große Dampfmaschine, als andere Landwirte diese noch für Teufelswerk hielten.

09-Tambourcorps Erntedank ca 37
Bildquelle: unbekannt / Text Dr. Chr. Wiltsch

Kalender 2009 – September

Erntedankfest in der Neukirchener Ortsmitte

In älterer Zeit wurde kein Erntedankfest gefeiert. Lediglich Mitte Oktober kannte die kirchliche Liturgie eine Erntedankmesse, die aber nicht in besonderer Weise begangen wurde. Man feierte in der Dorfgemeinschaft „Kirmes“ oder zum Abschluss der Weizenernte mit den Beteiligten eines Hofes ein Fest auf dem Hof, das den Namen „Beu-Afwäsch“ in Neukirchen und Umgebung trug.

1933 führten die Nationalsozialisten jedoch ein pompöses, auf Umzüge, Uniformen, Musik und Fahnenschwenken abzielendes Erntedankfest am ersten Sonntag im Oktober ein. Anfangs ließ man die örtlichen Gruppen aus Kirche und Kultur voranmarschieren, aber schon sehr bald wurden diese Gruppen sogar verboten, das Vermögen beschlagnahmt und davon dann ein rein politisches Manifest als Erntedank mit ausschließlichem Führerbezug veranstaltet. Vielerorts wurde jedoch der Termin und die Feier nach dem zweiten Weltkrieg wieder aufgegriffen, weil die Kernidee eines Volksfestes nach der Ernte auf alte Traditionen zurückgriff. So wird der Gedanke des Erntedankes heute von Kirchen und Schützenvereinen weiter getragen, fernab politischer Propaganda, sondern ausschließlich getragen von der Dankbarkeit und Freude über das verflossene Wirtschaftjahr, das in der Landwirtschaft der früheren Zeit mit dem Steuertermin „Remigius“, also 1. Oktober, zu Ende ging.

10-Brunnenstr Primizkreuels(Kreuels)
Bildquelle: Kreuels / Text Dr. Chr. Wiltsch

Kalender 2009 – Oktober

Schmuck auf der Brunnenstr. für die Primiz des Neupriesters Jakob Kreuels am 6.3.1938

Die Entscheidung, Priester zu werden, fiel nie leicht. Hatte sich dann ein junger Mann nach reiflicher Überlegung für den Dienst in der Kirche entschieden, wurde das durch besonders feierliche Zeremonien begleitet. Eine solche Zeremonie war die Primiz, das ist die erste Messe, die ein neugeweihter Priester liest. Die Primiz soll üblicherweise in der Heimatkirche des Priesters stattfinden. Sie wird vor Ort aufwändiger begangen als eine Hochzeit. Für Jakob Kreuels, den letzten Priester aus Neukirchen, wurde für dieses Fest die gesamte Dorfstraße bis zur Kirche mit Girlanden, Blumenteppich, Spruchbändern und Fahnen geschmückt.

Das Elternhaus des Jakob Kreuels befand sich dort, wo noch heute der Schusterfachbetrieb Kreuels ansässig ist, im Bild das zweite Haus von links.

11-Aufbahrung Martin Domgans 1952 (Surlemont)
Bildquelle: Surlemont / Text Dr. Chr. Wiltsc

Kalender 2009 – November

Aufbahrung von Martin Domgans (1952)

In Neukirchen war es üblich, dass Verstorbene im Hof aufgebahrt wurden, und zwar hinter dem Hoftor. Von hier aus wurde der letzte Weg zum Friedhof angetreten. Dabei gab es eine festgelegte Rollenverteilung. Die Frauen der Nachbarschaft richteten die Aufbahrung her, besorgten also die Blumen und Kerzen, die den Sarg einrahmten, wie auch das (hier auf dem Bild schon nicht mehr gebräuchliche) Reutuch, ein schwarzes Tuch, das über den Sarg gelegt wurde, ähnlich den Nationalflaggen bei gefallenen Soldaten.

Die Männer der Nachbarschaft waren für das Grab und das Tragen des Sarges zuständig. Da es früher Sitte war, im Sterbehaus vorbeizuschauen und dabei tüchtig dem Branntwein zuzusprechen, wurde in Neukirchen eine Matthiasbruderschaft ins Leben gerufen, die dafür Sorge trug, dass die Beerdigung würdevoll ablief, und die es bei Strafe verbot, im Sterbehaus auf ein Schlückchen vorbeizuschauen.

12-Brunnenstr Schnee
Bildquelle: Pützhoven / Text Dr. Chr. Wiltsch

Kalender 2009 – Dezember

Brunnenstraße im Winter

Leider hat sich zusätzlicher „Schnee“ auf das Bild gelegt, das uns die „Brunnenstraße“ in Neukirchen um das Jahr 1935 in friedlichem Winterschnee zeigt. Der richtige Schnee, der das Dorf mit einer feinen, weißen Schicht überdeckt, strahlt eine wohltuende Ruhe und Stille aus, die sich vom hektischen Alltagstrubel abhebt und zur Weihnachtszeit passt.